Innenansicht des Magnetfelds unserer Milchstraße zeigt Spiralstruktur
Magnetfelder von Spiralgalaxien zeigen meist selbst Spiralstrukturen. Für unsere eigene Galaxie konnte dies aufgrund der ungünstigen Innenperspektive bisher nicht bestätigt werden. Forscher am Max-Planck-Institut für Astrophysik konnten nun zeigen, dass das lokale galaktische Magnetfeld tatsächlich nach dem hiesigen Orion-Spiralarm der Milchstraße ausgerichtet ist, wie man es bei einer Spiralgalaxie erwartet.
![Abb. 1: Himmelsverteilung des Faraday-Effektes. In den rot bzw. blau markieren Regionen zeigt das galaktische Magnetfeld vorrangig auf uns zu bzw. von uns weg.](/1050428/original-1645697883.jpg?t=eyJ3aWR0aCI6MjQ2LCJvYmpfaWQiOjEwNTA0Mjh9--14683cc660654f1c1c3ed6f3eb37d465b324bc96)
Magnetfelder durchziehen fast unbemerkt den Raum. Das gilt nicht nur für das Magnetfeld auf der Erde, welches wir Menschen mit keinem unserer Sinne direkt wahrnehmen können, sondern auch für das Magnetfeld unserer Milchstraße. Dieses lässt das Licht der Sterne und anderer kosmischer Objekte praktisch unverändert passieren, hinterlässt aber subtile Spuren in linear polarisierten Radiowellen bei deren Passage. Dank des Faraday-Effektes, den freie Elektronen und Magnetfelder im interstellaren Raum erzeugen, dreht sich die Polarisationsebene der Wellen. Die Drehung ist umso größer, je stärker das Magnetfeld in Ausbreitungsrichtung der Welle ist, je mehr Elektronen vorhanden sind und je länger die Wellenlänge der Radiostrahlung ist. Diese Abhängigkeit von der Wellenlänge erlaubt es, das entlang der Sichtlinie gemittelte galaktische Magnetfeld zu bestimmen, indem man bei mehreren Wellenlängen beobachtet.
![Abb. 2: Oben: Karte der Faraday-Effekt-Stärke berechnet aus Daten von Radioquellen.Mitte: Karte der galaktischen Bremsstrahlung, die von freien Elektronen herrührt. Da beide Effekte auf der gleichen Verteilung der freien Elektronen beruhen, ähneln sich die Karten, obwohl sie aus zwei gänzlich verschiedenen Datensätzen stammen.Unten: Die Faraday-Daten verlangten eine Verstärkung des Faraday-Effekt über das Signal hinaus, das von der Bremsstrahlungskarte zu erwartenden wäre. Die beiden rundlichen Strukturen sind in entgegengesetzten Richtungen am Himmel und stimmen mit der Richtung des lokalen Orion-Spiralarms überein, der mit roten Kreuzen markiert ist. Die Verstärkung des Faraday-Effektes lässt sich durch eine Vorzugsrichtung der Magnetfelder entlang des Spiralarms verstehen.](/1050454/original-1645178513.jpg?t=eyJ3aWR0aCI6MjQ2LCJvYmpfaWQiOjEwNTA0NTR9--bc6b4eef6017497ead7c3a7c18ccd953440b6c15)
Mitte: Karte der galaktischen Bremsstrahlung, die von freien Elektronen herrührt. Da beide Effekte auf der gleichen Verteilung der freien Elektronen beruhen, ähneln sich die Karten, obwohl sie aus zwei gänzlich verschiedenen Datensätzen stammen.
Unten: Die Faraday-Daten verlangten eine Verstärkung des Faraday-Effekt über das Signal hinaus, das von der Bremsstrahlungskarte zu erwartenden wäre. Die beiden rundlichen Strukturen sind in entgegengesetzten Richtungen am Himmel und stimmen mit der Richtung des lokalen Orion-Spiralarms überein, der mit roten Kreuzen markiert ist. Die Verstärkung des Faraday-Effektes lässt sich durch eine Vorzugsrichtung der Magnetfelder entlang des Spiralarms verstehen.
Unter der Leitung von Sebastian Hutschenreuter und Torsten Enßlin vom Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) berechnete ein internationales Team aus derartigen Messungen einzelner Radioquellen eine Himmelskarte des galaktischen Faraday-Effektes (siehe Abb. 1). Ein spezieller Algorithmus extrahiert dabei aus Einzelmessungen des Faraday-Effektes den galaktischen Anteil und berechnet ein kontinuierliches Bild des gesamten Himmels.
Dabei zeigte sich, dass die Stärke des beobachteten Faraday-Effekts am Himmel größtenteils den bekannten Strukturen der sogenannten Bremsstrahlung freier Elektronen folgt (siehe Abb. 2). Dies war zu erwarten, da dieselben freien Elektronen den Faraday-Effekt erzeugen; allerdings konnte die Stärke des Faraday-Effektes nicht gänzlich durch die freien Elektronen erklärt werden. Die Daten zeigten ein weiteres Signal, zwei rundliche Regionen in entgegengesetzten Richtungen am Himmel (Abb. 2 unten).
Diese Positionen des verstärkten Faraday-Effekts entsprechen denen des Orion-Spiralarms, zu dem auch unser Sonnensystem gehört (Abb. 3). Das zusätzliche Signal in diesen Richtungen kann nicht aufgrund von mehr Elektronen in diesen Himmelsregionen herrühren, da diese sich auch mittels Bremsstrahlung zeigen sollten. Eine plausible Erklärung wäre eine Ausrichtung der lokalen Magnetfelder mit der Richtung des Orion-Spiralarms. Dies würde auch gut zu dem Bild anderer Galaxien passen, in denen die Magnetfeldern an den Spiralarmen ausgerichtet sind. Unterstützt wird diese Interpretation zudem dadurch, dass der intergalaktische Staub in diese Richtungen nicht polarisiert ist, was auf eine schwache Magnetfeldkomponente senkrecht zur Armrichtung hindeutet.
![Abb. 3: Diese Illustration zeigt die Milchstraße von oben. Die Position der Erde ist orange markiert und das Magnetfeld, das dem Orion-Spiralarm folgt, als gelber Pfeil.](/1050486/original-1645178762.jpg?t=eyJ3aWR0aCI6MjQ2LCJvYmpfaWQiOjEwNTA0ODZ9--c2820490f78ccf0325f5a5ede08f2f23569ef41f)
Die Entdeckung der magnetischen Spiralstruktur, zumindest in der direkten Umgebung der Sonne, war nur aufgrund des Zusammenführens verschiedenster Datensätze in Kombination mit der am MPA entwickelten Informationsfeldtheorie möglich. Letztere erlaubte es physikalische Zusammenhänge, wie zwischen Faraday-Effekt und Bremsstrahlung, die beide auf freien Elektronen basieren, in die Datenanalyse einfließen zu lassen, aber dennoch für Überraschungen in den Daten offen zu bleiben.