Biermann-Vorlesungen 2023: Haben wir ein Standardmodel der Kosmolgie?
Von Prof. George Efstathiou, University of Cambridge
Vor etwa 50 Jahren taten sich Simon White, Carlos Frenk und Marc Davis mit George Efstathiou zusammen, um eine Erklärung für die beobachteten großräumigen Strukturen in der Galaxienverteilung zu finden – und etablierten damit die "Kalte Dunkle Materie" als Standardmodell der Kosmologie. Auch wenn Inflation und dunkle Energie in späteren Jahren hinzugefügt werden mussten, hat das Grundgerüst immer noch Bestand. In der diesjährigen Biermann-Vorlesung wird George Efstathiou erklären, wie die ΛCDM-Kosmologie zum Standardmodell der Kosmologie wurde, wo ihre Grenzen liegen und wie sie sich in Zukunft weiterentwickeln könnte.
In den 1970er Jahren entdeckten groß angelegte Himmelsdurchmusterungen, dass die dreidimensionale Galaxienverteilung Filamente und Leerräume aufweist – im Widerspruch zu der gleichförmigen Materieverteilung am Anfang des Universums, wie sie im kosmischen Mikrowellenhintergrund zu sehen ist. George Efstathiou arbeitete an frühen Berechnungsmodellen der Strukturbildung im Kosmos und führte zusammen mit Davis, Frenk und White die ersten kosmologischen Simulationen eines Modells mit kalter dunkler Materie durch. Zur Überraschung des Teams stimmten diese gut mit den Beobachtungen übereinstimmten. In den späten 1980er Jahren verfasste die DEFW-Kollaboration fünf Arbeiten, die „CDM“ (cold dark matter) als kosmologisches Standardmodell etablierten.
Im Jahr 1990 leitete Efstathiou die Studie, die einen ersten Hinweis auf eine kosmologische Konstante anhand von Galaxiendaten aus der APM-Durchmusterung lieferte. Damit schloss er auf die Existenz der dunklen Energie, Jahre bevor die beschleunigte Expansion des Universums durch Supernova-Daten entdeckt wurde. Die dunkle Energie wurde also hinzugefügt, um das aktuelle ΛCDM zu begründen, für das Efstathiou 2011 gemeinsam mit Marc Davis, Carlos Frenk und Simon White den Gruber-Kosmologiepreis erhielt. Er war an vielen anderen Durchmusterungen von Galaxien beteiligt, wie z. B. dem „2-degree-field galaxy redshift survey“ (2dFGRS), mit dem erstmals „baryonische akkustische Oszillationen“ entdeckt wurden.
Neben seinen Forschungen zur Entstehung großräumiger kosmischer Strukturen leistete George Efstathiou auch grundlegende Beiträge zur Untersuchung der Anisotropien im kosmischen Mikrowellenhintergrund. Zusammen mit J. Richard Bond führte Efstathiou die umfassendste Berechnung der statistischen Eigenschaften des CMB durch, die vor allem die Polarisation und den Einfluss des CDM einschloss. Als Mitglied des Wissenschaftsteams für den Planck-Satelliten der Europäischen Weltraumorganisation leistete er wichtige Beiträge zur bisher detailliertesten Analyse des CMB.
George Efstathiou erwarb 1976 seinen B.A. in Physik am Keble College der Universität Oxford und 1979 seinen Ph.D. in Astronomie an der Durham University. Nach Stationen am Department of Astronomy der University of California, Berkeley, und am Institute for Astronomy in Cambridge wurde er stellvertretender Forschungsdirektor. Von 1988 bis 1994 war Efstathiou Leiter der Astrophysik an der Universität Oxford und kehrte 1997 nach Cambridge zurück, wo er seit 2004 als Direktor des Instituts für Astronomie tätig ist. Von 2008 bis 2013 wurde er zum ersten Direktor des Kavli-Instituts für Kosmologie in Cambridge ernannt.
Professor Efstathiou erhielt mehrere Preise für seine Forschung, darunter 1990 die Maxwell-Medaille und den Preis des Institute of Physics, 2005 den Heineman-Preis für Astronomie des American Institute of Physics (den er sich mit seinem langjährigen Kollegen Simon White teilte), 2011 den bereits erwähnten Gruber-Kosmologiepreis und 2022 die Goldmedaille für Astronomie der Royal Astronomical Society.
Titel: Do we have a standard model of cosmology?
Alle Vorlesungen finden im Großen Seminarraum E.0.11 des MPA statt. 15 Minuten vor Beginn gibt es Tee, Kaffee und Kekse.
Mittwoch, 5. July 15:30
The LCDM cosmology
Mittwoch, 12. July 15:30
Tensions in cosmology?
Mittwoch, 19. July 15:30
Cosmology in crisis