Wie kleine Schwarze Löcher die Existenz großer Schwarzer Löcher offenbaren könnten
MPA Forscher schlägt eine neuartige Methode vor, um Paare der größten Schwarzen Löcher in den Zentren von Galaxien zu entdecken. Diese Methode nutzt die Analyse von Gravitationswellen kleiner nahegelegener Schwarzer Löcher, welche die Überreste sterbender Sterne sind. Diese neue Beobachtungstechnik, die nun im Fachblatt Nature Astronomy veröffentlicht wurde, erfordert einen Gravitationswellendetektor im Dezihertz-Bereich und könnte das Studium supermassereicher Schwarzer Löcher ermöglichen, die ansonsten unentdeckt bleiben würden.
Der Ursprung supermassereicher Schwarzer Löcher in den Zentren von Galaxien ist eines der größten Rätsel der Astronomie. Diese Objekte könnten entweder bereits früh im Universum mit großer Masse entstanden sein oder im Laufe der Zeit durch das Ansammeln von Materie und durch die Verschmelzung mit anderen Schwarzen Löchern gewachsen sein. Wenn ein supermassereiches Schwarzes Loch ein anderes massereiches Schwarzes Loch verschlingt, entstehen Gravitationswellen, die sich als kleine Erschütterungen in der Raumzeit durch das Universum bewegen.
Vor knapp zehn Jahren gelang Astrophysikern zum ersten Mal der direkte Nachweis von Gravitationswellen, welcher der Astronomie ein neues Fenster ins Universum öffnete. Bisher konnten diese Gravitationswellen jedoch nur von relativ kleinen Schwarzen Löchern gemessen werden, die das Endstadium schwerer Sterne darstellen. Das Erkennen der Signale von Paaren weitaus schwerer Schwarzer Löcher ist mit heutiger Technologie nicht möglich, da die Detektoren nicht empfindlich genug auf die extrem niedrigen Frequenzen dieser Gravitationswellen reagieren. Zukünftige Missionen wie die von der ESA geleitete LISA (Laser Interferometer Space Antenna) sollen dies ändern. Dennoch bleibt die Detektion der massereichsten Schwarzen Loch Paare eine große Herausforderung.
„Unsere Idee funktioniert im Grunde wie das Hören eines Radiosenders. Wir schlagen vor, das Signal von Paaren kleiner Schwarzer Löcher ähnlich wie Radiowellen zu nutzen. Die supermassereichen Schwarzen Löcher verhalten sich dabei ähnlich wie die Radiomusik, die in Form einer Frequenzmodulation (FM) des empfangenen Signals übertragen wird“, erklärt Jakob Stegmann, Hauptautor der Studie und Postdoktorand am MPA. „Das Neue an dieser Idee ist, hohe Frequenzen zu nutzen, die leicht zu erkennen sind, um niedrigere Frequenzen zu messen, die unsere Instrumente eigentlich nicht detektieren können.“
Aktuelle Ergebnisse von pulsar timing arrays unterstützen bereits die Existenz von verschmelzenden supermassereichen Schwarzen Loch Paaren. Diese Beweise sind jedoch indirekt und resultieren aus dem kollektiven Signal vieler entfernter Paare, die effektiv ein Hintergrundrauschen erzeugen.
Die vorgeschlagene Methode zur Detektion einzelner supermassereicher Schwarzer Loch Paare nutzt die subtilen Veränderungen, die sie in den von einem Paar nahegelegener kleiner Schwarzer Löcher emittierten Gravitationswellen verursachen. Das kleine Schwarze Loch Paar wirkt somit als eine Art Leuchtfeuer, das die Existenz der größeren Schwarzen Löcher anzeigt. Durch die Erkennung der winzigen Modulationen in den Signalen von kleinen Schwarzen Loch Paaren könnten Wissenschaftler bisher verborgene supermassereiche Schwarze Loch Paare mit Massen von 10 Millionen bis 100 Millionen Sonnenmassen identifizieren, selbst über große Entfernungen hinweg.
Lucio Mayer, Mitautor der Studie und Theoretiker für Schwarze Löcher an der Universität Zürich, fügt hinzu: „Da der Weg für LISA nun feststeht, nachdem die ESA die Mission im letzten Januar bestätigt hat, muss die wissenschaftliche Gemeinschaft die beste Strategie für die nächste Generation von Gravitationswellendetektoren ausloten, insbesondere in welchem Frequenzbereich man sich konzentrieren sollte. Studien wie diese liefern eine starke Motivation, ein Detektordesign im Dezihertz-Bereich zu priorisieren.“
„Dieses Papier stellt eine sehr coole und clevere Idee vor, die jedoch noch Science-Fiction bleibt, bis wir einen Dezihertz-Detektor haben“, sagt Selma E. de Mink, Direktorin am MPA, die nicht an dieser Arbeit beteiligt war. „Wir brauchen wirklich kreative und unkonventionelle Ideen wie diese, wenn wir eine Chance haben wollen, die größten Geheimnisse des Universums zu lösen.“