Der langsame Tanz von Akkretionsscheiben um Schwarze Löcher

1. März 2023

Schwarze Löcher, die durch den Tod massereicher Sterne entstehen, gehören zu den exotischsten und energiereichsten Objekten im Universum. Da selbst Licht diesen Objekten nicht entkommen kann, analysieren Forschende stattdessen die vom in das schwarze Loch fallenden Gas abgegebenen quasiperiodischen Signale, aus denen sich zahlreiche Informationen über das Schwarze Loch und seine Umgebung ableiten lassen. Vermutlich entsteht das am häufigsten beobachtete quasi-periodische Signal, wenn heißes Gases um das Schwarze Loch eiert, ähnlich einem sich drehenden Kreisel. Ein Problem ist jedoch, dass die abgeleitete Größe dieser (isolierten) Korona nicht mit den aus anderen Beobachtungsgrößen abgeleiteten Schätzungen übereinstimmt. Mit unseren jüngsten, hochmodernen Computersimulationen, die eine realistischere Geometrie des Akkretionsflusses beinhalten, konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass das Vorhandensein einer Scheibe um die Korona deren Präzession deutlich verlangsamt, wodurch sich die Spannungen zwischen diesem Modell und den Beobachtungen weitgehend auflösen. Diese Ergebnisse haben somit wichtige Auswirkungen auf die Studien der Eigenschaften Schwarzer Löcher sowie der Entstehung und Entwicklung von Systemen mit Schwarzen Löchern.

Die Akkretion auf kompakte Objekte wie Schwarze Löcher, Neutronensterne oder Weiße Zwerge ist ein wichtiger dynamischer Prozess, der viele astrophysikalische Quellen im Universum antreibt, indem er aus der potenziellen Gravitationsenergie der akkretierenden Materie Strahlungsenergie erzeugt. In Röntgendoppelsternsystemen (XRBs) sind Akkretionsströme gut untersucht. Solche Doppelsternsysteme haben in der Regel einen Hauptreihen- oder Überriesenstern als „Geber“ und einen Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch als „Akkretor“. Die vom Geberstern übertragene Materie hat einen Drehimpuls und wird durch die zentrale Schwerkraft in der Bahnebene eingeschlossen, wodurch sich scheibenartige Strukturen um das kompakte Objekt bilden.

Korona um ein sich drehendes Schwarzes Loch

Simulation einer präzessierenden Korona und Scheibe. Das blaue Material ist eine kühle, dünne Scheibe, während das rote Material die Korona darstellt. Die Korona präzessiert um die Spinachse des Schwarzen Lochs, die im Bild markiert ist. Die dünne Scheibe bleibt während der gesamten Simulation relativ unverändert, obwohl sie eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Präzessionsrate der Korona spielt.

Langfristige Beobachtungen haben gezeigt, dass Röntgendoppelsterne mit Schwarzen Löchern eine starke aperiodische Variabilität aufweisen – und dies über sehr unterschiedliche Zeitskalen: von einigen Millisekunden bis hin zu Sekunden. Darüber hinaus zeigen diese Systeme auch eine schnelle Variabilität in ihren Röntgenlichtkurven. Man spricht von quasiperiodischen Oszillationen (QPOs). Diese werden grob in hochfrequente (> 60 Hz) und niederfrequente QPOs (< 30 Hz) unterteilt. Die Natur dieser Variabilität und der zugrundeliegenden physikalischen Prozesse zu verstehen, hilft uns, die Natur des kompakten Objekts und seiner Umgebung zu erforschen. Abgesehen von diesem allgemeinen Bild sind nur sehr wenige eindeutige Eigenschaften in Bezug auf den Ursprung der beobachteten Variabilität bekannt. Das liegt daran, dass die Physik und die Geometrie von akkretierenden Schwarzen Löchern sehr komplex sind und Turbulenzen, Strahlung und 3D-Effekte eine Rolle spielen.

Mit Hilfe fortschrittlicher numerischer Techniken haben wir allgemein relativistische, magneto-hydrodynamische Simulationen einer verkürzten Scheibe durchgeführt, bei der der innere, heiße Gasfluss nicht entlang der Spinachse des Schwarzen Lochs erfolgt. Diese Simulationen sind die weltweit ersten, die den Einfluss der äußeren, dünnen Scheibe auf die Lense-Thirring-Präzession des inneren, heißen Akkretionsstroms untersuchen. Sie erweitern die üblichen Simulationen damit um eine dringend benötigte Nähe zur Realität.

Das wichtigste Ergebnis unserer Simulationen ist, dass die Anwesenheit/Präsenz einer äußeren, dünnen Scheibe zu einer Absenkung der Präzessionsrate des inneren Torus um fast 95 Prozent führt. Wir konnten zeigen, dass die Verlangsamung der Präzessionsrate durch den Austausch des Drehimpulses zwischen der äußeren dünnen und der inneren dicken Scheibe verursacht wird. Mit diesem Effekt benötigt das Modell nun eine viel kleinere innere, präzessierende dicke Scheibe, um den typischerweise beobachteten Bereich der Typ-C-QPO-Frequenzen (0,1-10 Hz) zu erreichen.

Einige neuere Beobachtungen deuten bereits darauf hin, dass die Präzessionsströmung kleiner sein muss, als auf dem Lense-Thirre Modell für einen isolierten Torus basierende Schätzungen. Somit tragen unsere neuen Ergebnisse dazu bei, einige der verbleibenden Spannungen zwischen dem Modell und den Beobachtungen zu beseitigen.

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