Dreifachsternsysteme als Quellen von Gravitationswellen
Gravitationswellendetektoren wie LIGO und Virgo auf der Erde haben in den letzten zehn Jahren zahlreiche Verschmelzungen von Doppelsternsystemen aus Schwarzen Löchern und Neutronensternen beobachtet. Es gibt jedoch deutlich mehr Doppelsternsysteme, die aus zwei Weißen Zwergen bestehen. Insbesondere kann die Vorphase von Verschmelzungen zweier massereicher Weißer Zwerge zu hochenergetischen astrophysikalischen Ereignissen führen und Gravitationswellen emittieren, die mit dem geplanten, Weltraum-gestützten LISA-Detektor (Laser Interferometer Space Antenna) der Europäischen Weltraumorganisation aufgezeichnet werden können. Das Verständnis der Entstehung dieser Doppelsternsysteme ist entscheidend für die Interpretation zukünftiger LISA-Daten. Forschende am Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) haben erstmals quantitativ untersucht, welchen Einfluss die Dreifachsternentwicklung auf LISA-Quellen hat. Die Studie hebt hervor, wie wichtig Interaktionen in Dreifachsystemen für die Entstehung von Doppelsternsystemen aus Weißen Zwergen sind und identifiziert bisher unerforschte Entstehungswege solcher Gravitationswellenquellen, die LISA beobachten wird.

Sterne entstehen oft in hierarchischen Dreifachsystemen, bei denen ein enges Doppelsternsystem von einem weiter entfernten dritten Stern umkreist wird. Solche Dreifachsysteme unterliegen komplexen gravitativen Wechselwirkungen, welche die Entwicklung der Sterne erheblich beeinflussen können. Diese Wechselwirkungen können beispielsweise zur Übertragung von Materie zwischen den Sternen, zu deren Verschmelzung oder gar zur vollständigen Zerstörung eines Sterns führen – alles Prozesse, die den Endzustand der Systeme prägen. Dadurch können Dreifachsysteme eine entscheidende Rolle dabei spielen, Doppelsternsysteme aus Weißen Zwergen in den Frequenzbereich an Gravitationswellen zu bringen, der von LISA detektiert werden kann.
In dieser Forschungsarbeit untersuchte die Doktorandin Abinaya Swaruba Rajamuthukumar gemeinsam mit Forschenden des MPA, wie Dreifachsternsysteme zur Population der durch LISA nachweisbaren Doppelsternsysteme aus Weißen Zwergen beitragen. Dazu kombinierten sie Simulationen der Dreifachsternentwicklung mithilfe des MSE-Codes (Multiple Stellar Evolution) mit einer Milchstraßen-ähnlichen Galaxie aus der kosmologischen Simulation TNG50. Die Studie ergab, dass etwa 7,2 Millionen Weiße-Zwerg- Doppelsterne, die Gravitationswellen im LISA-Frequenzbereich emittieren, aus Dreifachsystemen stammen – fast doppelt so viele wie aus isolierten Doppelsternsystemen, die etwa 3,8 Millionen ausmachen. Zudem bleibt in rund 57% der aus Dreifachsystemen hervorgehenden LISA-Quellen ein dritter Stern gebunden; dieser ist jedoch meist zu weit entfernt, um einen unmittelbar beobachtbaren Einfluss auf das Gravitationswellensignal zu haben.

Das Team identifizierte fünf große Entstehungspfade, auf denen Dreifachsysteme zu LISA-Quellen führen können: induzierte Materie-Übertragung, äußere Verschmelzungen, ausgestoßene dritte Sterne, gemeinsame Hüllenphasen mit allen drei Sternen sowie scheinbar isolierte innere Binärsysteme. Interessanterweise sind die Eigenschaften der Gesamtpopulation von Doppelsternen aus Dreifach- und Binärsystemen größtenteils nicht unterscheidbar. Jedoch führt der Dreifachkanal zu einer seltenen, aber spannenden Untergruppe hoch exzentrischer Systeme, die Gravitationswellen in Form von kurzen Bursts aussenden – ein potenziell eindeutiges Signal für LISA.
Diese Arbeit bietet die erste detaillierte Untersuchung der Dreifachsternentwicklung im Kontext der Gravitationswellen-Astrophysik. Im Hinblick auf den für 2035 geplanten Start von LISA sind diese Erkenntnisse essenziell für die Interpretation der galaktischen Gravitationswellenquellen und für die Weiterentwicklung von Analysemethoden. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Dreifachentwicklungen bei der Modellierung von LISA-Quellen berücksichtigt werden müssen, um ein umfassenderes Bild der Gravitationswellenquellen in unserer Milchstraße zu erhalten.