Entfernungsbestimmung per Staubwolke
Normalerweise betrachtet man am Himmel helle Objekte, und diese sind auch mit Teleskopen leicht zu erkennen. Doch manchmal gehen Astronomen einen anderen Weg und untersuchen Objekte, die durch ihren Schatten erkennbar sind. Ein internationales Team von Forschern aus Australien, Deutschland, Italien, Japan und den USA hat sich nun auf Staub in den Überresten eines explodierten Sterns (auch Supernova-Überrest, kurz SNR genannt) konzentriert. Dieses Objekt mit dem Namen RX J1713.7-3946 ist einer der hellsten Strahler bei sehr hohen Energien; über den Ursprung dieser energiereichen Strahlung wird seit seiner Entdeckung diskutiert.
Anstatt aber die energiereiche Strahlung direkt zu untersuchen, analysieren die Wissenschaftler den Schatten, den intergalaktische Staubwolken auf Sterne im Hintergrund werfen. Sie rekonstruierten die Staub-Abdunklung mit Hilfe eines Gauss‘schen Prozesses und mehr als 260 000 Sternen. Die rekonstruierte Karte zeigt, dass sich mehrere Staubwolken entlang der Sichtlinie befinden, aber nur eine der Wolken scheint in der Nähe des explodierten Sterns zu sein.
Mit Hilfe von Entfernungsbestimmungen zu den Sternen in Richtung von RX J1713.7-3946, die von der Raumfahrtmission Gaia der Europäischen Weltraumorganisation zur Verfügung gestellt wurden, konnten die Forscher die Entfernung zu dieser Staubwolke und damit zum Supernova-Überrest auf ein Prozent genau eingrenzen, etwa 20 Mal genauer als bisherige Schätzungen.
Dies ist ein wichtiger Meilenstein um die energiereichen Prozesse zu verstehen, die in und um den Supernova-Überrest stattfinden. Präzise Entfernungen gehören zu den anspruchsvollsten Messungen in der Astronomie. Ohne sie ist es unmöglich, sicher zu sagen, ob ein Objekt intrinsisch heller und weiter entfernt ist, oder schwächer aber näher.
Eine präzise Entfernungsbestimmung ist für diesen Supernova-Überrest entscheidend, da er der Ursprung einiger der energiereichsten Photonen ist, die wir auf der Erde beobachten. Der Mechanismus, durch den diese sogenannten Gammastrahlen erzeugt werden, ist jedoch noch nicht vollständig verstanden. Eine mögliche Erklärung für die energiereiche Strahlung sind Proton-Proton-Kollisionen, doch bisherige Schätzungen des Gehalts an Gas waren hier zu gering. Mit einer geschätzten Masse von etwa dem 7000-fachen der Sonnenmasse könnte die Staubwolke groß genug sein, um die fehlenden Protonen zu liefern. Weitere Studien sind aber nötig, um dies zu bestätigen.