SRG/eROSITA findet um die Fermi-Blasen noch größere Blasen
Die erste vollständige Himmelsdurchmusterung mit dem Röntgenteleskop eROSITA an Bord des SRG-Observatoriums hat eine große Struktur in der Milchstraße aufgezeigt, die wie eine gigantische Sanduhr aussieht. Diese "eROSITA-Blasen" zeigen eine verblüffende Ähnlichkeit mit den Fermi-Blasen, die vor einem Jahrzehnt bei noch höheren Energien entdeckt wurden. Die wahrscheinlichste Erklärung für diese Gasblasen ist, dass vor langer Zeit aus dem galaktischen Zentrum ein massiver Energieeintrag in die heiße Gashülle um unsere Galaxie stattfand, der zu riesigen Schockwellen führte.
Im Süd-Himmel haben Astronomen in der ersten vollständigen Himmelskarte des Röntgenteleskops eROSITA eine riesige kreisrunde Struktur unterhalb der Milchstraßenebene gefunden. Eine ähnliche Struktur am Nordhimmel, der sogenannte „Nordpolar-Sporn“, ist seit langem bekannt und man nahm an, dass er von einer frühen Supernova-Explosion stammte. Zusammengenommen scheinen die nördliche und die südliche Struktur stattdessen beide aus dem galaktischen Zentrum auszutreten und erinnern in ihrer Form an eine Sanduhr.
Die Röntgenemission, die von eROSITA in seinem mittleren Energieband (0,6-1,0 keV) beobachtet wird, zeigt dass die Blasen bei unterschiedlicher Intensität einen Großteil des Himmels einnehmen, sie haben eine Ausdehnung von ca. 10 Kiloparsec (oder bis zu 50.000 Lichtjahren) im Durchmesser und sind damit fast so groß wie die Milchstraße selbst. Diese 'eROSITA-Blasen' zeigen auffallende morphologische Ähnlichkeiten mit den bereits bekannten 'Fermi-Blasen', die das Fermi-Teleskop bei im Bereich der Gammastrahlen entdeckte, sie sind aber größer und energiereicher.
Die Blasen, die eROSITA jetzt gefunden hat, zeigen Störungen in dieser heißen Gashülle um unsere Milchstraße auf, die entweder durch eine Periode intensiver Sternentstehung oder durch einen Ausbruch aus dem supermassereichen Schwarzen Loch im galaktischen Zentrum verursacht wurden. Auch wenn das Schwarze Loch sich jetzt ruhig verhält, könnte es in der Vergangenheit durchaus aktiv gewesen sein, ähnlich wie man es bei aktiven Galaxienkernen (AGN) mit stark wachsenden Schwarzen Löchern in fernen Galaxien beobachten kann. In beiden Fällen muss die Energie, die für die Entstehung dieser riesigen Blasen nötig ist, enorm gewesen sein, mit 10^56 erg entspricht dies in etwa der Energie, die bei 100.000 Supernovae freigesetzt wird, und ist damit in einer ähnlichen Größenordnung wie Schätzungen anderer AGN-Ausbrüche.
"eROSITA schließt derzeit die zweite Durchmusterung des gesamten Himmels ab und verdoppelt damit die Anzahl der Röntgenphotonen, die von den entdeckten Blasen kommen“, betont Rashid Sunyaev, wissenschaftlicher Leiter des SRG-Observatoriums in Russland. „Wir haben noch enorm viel Arbeit vor uns, denn die eROSITA-Daten ermöglichen es uns, viele Röntgen-Spektrallinien zu identifizieren, die von dem hoch ionisierten Gas emittiert werden. Das bedeutet, dass wir nicht nur die Fülle der chemischen Elemente, den Grad ihrer Ionisierung, die Dichte und Temperatur des emittierenden Gases in den Blasen untersuchen können, sondern wir können auch die Orte der Schockwellen identifizieren und charakteristische Zeitskalen abschätzen.“
Die SRG-Raumsonde wurde von der Lavochkin Association, Roskosmos, entwickelt und am 13. Juli 2019 mit einer Proton-Rakete vom Kosmodrom Baikonur ins All gestartet. Das SRG-Observatorium wurde unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Rahmen des Russischen Föderalen Raumfahrtprogramms auf Initiative der Russischen Akademie der Wissenschaften, vertreten durch ihr Institut für Weltraumforschung (IKI), gebaut. Das Observatorium trägt zwei einzigartige Röntgen-Teleskope mit streifendem Einfall: ART-XC (IKI, Russland) und eROSITA (MPE, Deutschland). Das SRG/eROSITA-Teleskop wurde unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) und der DLR gebaut. Die SRG-Raumsonde wird von der Lavochkin Association mit den Deep Space Network Antennen in Bear Lakes, Ussurijsk und Baykonur betrieben, und wird von Roskosmos finanziert.