Die Temperatur der dunklen Materie
Warm, kalt, genau richtig? Die Analyse von sieben Gravitationslinsen-Bildern von Quasaren gibt neue Hinweise auf die Temperatur der dunklen Materie, der geheimnisvollen Substanz, die etwa ein Viertel unseres Universums ausmacht. Die Ergebnisse liefern eine untere Grenze für die Masse eines möglichen Dunkle-Materie-Teilchens, schließen aber kalte dunkle Materie nicht aus.
Wir wissen nicht viel über die dunkle Materie und die Physiker haben es noch nicht geschafft, ein Teilchen der dunklen Materie nachzuweisen. Aber wir wissen, dass die Schwerkraft von Klumpen dunkler Materie das Licht von weit entfernten Objekten verzerren kann. MPA-Wissenschaftler und ihre Kollegen an der UC Davis nutzen diese Verzerrung, die als Gravitationslinseneffekt bezeichnet wird, um mehr über die Eigenschaften der dunklen Materie zu erfahren.
Das Standardmodell für dunkle Materie ist, dass sie "kalt" ist, d.h. dass sich die Teilchen im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit langsam bewegen. Dies hängt auch mit der Masse der Dunklen-Materie-Teilchen zusammen. Je geringer die Masse des Teilchens ist, desto "wärmer" ist es und desto schneller bewegt es sich.
Das Modell der kalten (massereicheren) dunklen Materie funktioniert gut für sehr große Skalen, es ist jedoch noch unklar ob auf der Skala einzelner Galaxien Modelle mit "warmer" dunkler Materie bevorzugt werden. "Heiße" dunkle Materie mit Teilchen, die sich nahe an der Lichtgeschwindigkeit bewegen, wurde durch Beobachtungen ausgeschlossen.
Eine Grenze für die Masse der dunklen Materie
Die Astronomen benutzten nun Gravitationslinsen, um die Wärme und damit die Masse der dunklen Materie einzuschränken. Sie maßen die Positionen und Helligkeit von sieben weit entfernten gravitativ gelinsten Quasaren, um nach Veränderungen zu suchen, die durch zusätzliche dazwischenliegende Klumpen dunkler Materie verursacht werden. Ihre Linsenmodelle umfassten zum ersten Mal nicht nur stellare Scheiben und leuchtende Satellitengalaxien, sondern auch Dunkle-Materie-Halos geringer Masse, die sich entlang der Sichtlinie befinden. Die Wissenschaftler verwendeten diese Ergebnisse dann, um die Größe dieser Linsen zu messen und stellten fest, dass sich etwa 1% der Masse in derartigen Substrukturen aus dunkler Materie befindet. Wenn die Teilchen der dunklen Materie heller, wärmer und schneller sind, dann bilden sie unterhalb einer bestimmten Größe keine Strukturen aus.
Die Ergebnisse setzen eine untere Grenze für die Masse eines potentiellen dunklen Materieteilchens (mth > 5.58 keV, d.h. mindestens auf dem Energieniveau von Kernfusionssystemen), schließen aber kalte dunkle Materie nicht aus. Die Ergebnisse des Teams stellen eine wesentliche Verbesserung gegenüber einer früheren Analyse aus dem Jahr 2002 dar und sind mit den jüngsten Ergebnissen eines Teams an der UCLA vergleichbar. In der nahen Zukunft soll die statistische Genauigkeit verbessert werden, indem man die Studie auf eine größere Menge von Linsenobjekten ausweitet.