Astronomen beobachten eine riesige Galaxie beim Verschlingen ihres Nachbarn
Die Beobachtung eines supermassereichen Schwarzen Lochs im fernen Universum zeigt Überraschendes: Forschende am MPA entdeckten, dass es gerade dabei ist, einer benachbarten Galaxie Gas zu entreißen. Die Wirtsgalaxie des Schwarzen Lochs konvertiert das Gas sehr schnell in Sterne; gleichzeitig lässt das Gas das Schwarze Loch schnell wachsen. Dies stimmt mit theoretischen Vorhersagen überein, wonach sich massereiche Galaxien und Schwarze Löcher mit Hilfe von Verschmelzungen mit kleineren Galaxien und Ausbrüchen heftiger Sternentstehung bilden.
Ein Quasar ist der extrem leuchtstarke Kern einer Galaxie, der entsteht, wenn ein supermassereiches Schwarzes Loch rasch Materie konsumiert. Es wird angenommen, dass Quasare eine wichtige Rolle bei der Entstehung massereicher Galaxien im frühen Universum spielen. Wir wissen jedoch noch nicht im Detail, wie ihre supermassereichen Schwarzen Löcher entstehen, sich entwickeln und aktiviert werden. Wir wissen auch nicht, wie sie mit ihren Wirtsgalaxien interagieren.
Da die Wirtsgalaxien von Quasaren in der Regel sehr klein und viel blasser sind als der Quasar an sich, ist es schwierig, sie im Detail zu beobachten. Das „Kleeblatt“ ist ein bekanntes Beispiel für ein Gravitationslinsensystem: Ein Quasar, dessen Licht vor 11 Milliarden Jahren ausgesandt wurde, wird durch das Gravitationsfeld einer dazwischenliegenden Galaxie vergrößert. Im optischen Licht sehen wir eine Fata Morgana aus vier Bildern (genannt Kleeblatt) des akkretierenden, supermassereichen Schwarzen Lochs. Im Mikrowellenbereich sehen wir seine Wirtsgalaxie, die ansonsten verborgen ist. In dieser Wirtsgalaxie entstehen pro Jahr unglaubliche 1000 Sterne. Die Gravitationslinse vergrößert die Kleeblattgalaxie so, dass wir sie im Detail untersuchen können.
Bei der Durchsicht von Archivdaten des Atacama Large sub-Millimeter Array (ALMA) zur Katalogisierung von Staub und Kohlenmonoxid-Gas haben wir eine benachbarte Galaxie gefunden, die bisher unbekannt war. Die Daten zeigten, dass dieser Begleiter durch eine intergalaktische Gasbrücke mit dem Kleeblatt verbunden ist – das bedeutet, dass das Kleeblatt gerade dabei ist, sich das Gas einzuverleiben! Zum ersten Mal haben wir also direkt beobachtet, wie eine Galaxie im weit entfernten Universum ihrem Nachbarn Gas zur Sternentstehung entzieht.
Wir haben aber auch Hinweise darauf gefunden, dass ein Wind das Gas aus seiner Wirtsgalaxie herausbläst, entweder angetrieben durch den Quasar oder die extreme Sternentstehung. Das bedeutet, dass gleichzeitig mit dem Verzehr des Nachbarn ein Teil des Gases aus der Galaxie geblasen wird, wodurch die Galaxie das Rohmaterial für die Sternentstehung verliert. Diese Ergebnisse stimmen mit theoretischen Vorhersagen überein, wonach massereiche Galaxien durch Verschmelzung kleinerer Galaxien entstehen, wobei Schwarze Löcher die Entstehung neuer Sterne unterdrücken.
Wir gehen davon aus, dass die Kleeblatt-Galaxie in den nächsten hundert Millionen Jahren ihren Begleiter vollständig verschlingen wird und ihr dann schnell das Gas ausgeht. Sie würde dann zu einer sehr massereichen, „toten“ Galaxie werden, wie wir sie im heutigen Universum sehen. Nur dank der sehr empfindlichen ALMA-Daten und weil die Galaxie durch Gravitationslinsen vergrößert wird, sind wir in der Lage, dieses Ereignis im frühen Universum zu beobachten.