Simona Vegetti zur Leiterin einer Lise-Meitner-Exzellenzgruppe ernannt
Die Max-Planck-Gesellschaft hat Simona Vegetti am MPA zur Leiterin einer Lise-Meitner-Exzellenzgruppe ernannt. Simona Vegetti wird Beobachtungen des starken Gravitationslinseneffekts nutzen, um die Häufigkeit und die strukturellen Eigenschaften von Halos aus dunkler Materie zu messen und damit die Natur der dunklen Materie einzugrenzen. Im Rahmen des Programms wird die Gruppe mit einem international wettbewerbsfähigen Budget für Sach- und Personalmittel ausgestattet.
Freie wissenschaftliche Entfaltung, langfristige berufliche Absicherung und klare Karriereperspektiven sind die Säulen des Lise-Meitner-Exzellenz-Programms, das die Max-Planck-Gesellschaft 2018 ins Leben gerufen hat. Benannt ist das Programm nach Lise Meitner (1878-1968), einer international herausragenden Physikerin. Nach einer persönlichen Begegnung mit Max Planck erhielt Lise Meitner nicht nur die Erlaubnis, seine Vorlesungen zu besuchen, 1912 wurde sie sogar Plancks Assistentin. Später wurde sie Leiterin einer eigenen Abteilung am nahe gelegenen Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie, lehrte als Professorin an der Universität Berlin und wurde für ihre Arbeiten über das neue Element Protactinium zusammen mit ihrem Forschungspartner Otto Hahn 1924 und 1925 sogar für den Nobelpreis nominiert. Doch nach dem Krieg übersah das Nobelpreiskomitee den Beitrag Meitners, als es den Preis 1945 allein an Otto Hahn vergab. Erst in jüngster Zeit wird ihr Beitrag zur Entdeckung der Kernspaltung und ihre Rolle als Pionierin der Strahlenphysik stärker gewürdigt. Mit der Verleihung einer Lise-Meitner-Forschergruppe an Simona Vegetti erkennt die MPG sie als einen der "rising stars" unter den jungen Wissenschaftlerinnen an.
Simona Vegetti leistete Pionierarbeit bei der Lösung des Dunkle-Materie-Problems mit Hilfe von Gravitationslinsen und entwickelt kontinuierlich modernste Computermodellierungen für Gravitationslinsen. Sie hat sich eine weltweit führende Position auf dem Gebiet der Gravtationslinsenstruktur und -substruktur erarbeitet, mit dem sie die Häufigkeit und die strukturellen Eigenschaften von Halos dunkler Materie misst. Darüber hinaus wird sie die physikalischen Eigenschaften von Galaxien bei hoher Rotverschiebung messen, die durch den Linseneffekt auf sub-kpc-Skalen untersucht werden können. Dies ermöglicht die Untersuchung von Sternentstehungs- und Rückkopplungsprozessen zu kosmologisch interessanten Epochen. Die Gruppe nutzt Daten basierend auf dem starken Gravitationslinseneffekt, um aus Beobachtungen robuste Einschränkungen für die Natur der dunklen Materie und für wichtige Prozesse der Galaxienentwicklung abzuleiten. Um dies zu erreichen, entwickeln die Wissenschaftler neuartige numerische Techniken, um zuverlässige Informationen aus großen Beobachtungskampagnen zu extrahieren und aktuelle theoretische Modelle zu testen.
In den nächsten 5-10 Jahren möchte Simona Vegetti die Vorteile von Daten kommender Himmelsdurchmusterungen mit Instrumenten wie Euclid und dem SKA nutzen. Diese stellen durch ihre hohe Auflösung und die großen erfassten Volumina ein tieferes Verständnis der dunklen Materie und der kosmischen Strukturbildung in Aussicht. Insbesondere wird dieses Programm einen kritischen Test des derzeitigen Standardparadigmas der Strukturbildung liefern, mit möglicherweise weitreichenden Auswirkungen auf die Bereiche der Galaxienentstehung und der Kosmologie. Darüber hinaus will ihre Gruppe neue Erkenntnisse über die Entstehung von Galaxien gewinnen, indem sie den Linseneffekt sowohl einzelner Galaxien als auch von Galaxienhaufen nutzt. Die Beobachtungen des starken Gravitationslinseneffekts sollen außerdem dazu genutzt werden, um etwas über die Eigenschaften und die Entwicklung von Magnetfeldern in fernen Galaxien und deren Einfluss die detaillierten Eigenschaften von Galaxien (bei hohen Rotverschiebungen) im Allgemeinen zu erfahren.
In den letzten vier Jahren hatte Simona Vegetti eine Position als Max-Planck-Forschungsgruppenleiterin am MPA inne. 2017 erhielt sie einen ERC Starting Grant, um das massearme Ende der Halo-Massenfunktion zu messen und einen sauberen Test des Paradigmas der kalten dunklen Materie zu liefern. Bevor sie zum MPA kam, war sie Pappalardo Postdoctoral Fellow am MIT Kavli Institute, MA, USA, nachdem sie 2010 an der Universität Groningen, Niederlande, promoviert hatte.