Wie Sterne jung bleiben und langsamer rotieren
Computersimulationen deuten darauf hin, dass die Verstärkung von Magnetfeldern bei Sternkollisionen eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer bestimmten Untergruppe von Sternen in Sternhaufen spielen könnte. Blaue Nachzügler erscheinen nicht nur blauer, sondern auch jünger als andere Mitglieder des Sternhaufens. Eine mögliche Erklärung für ihr scheinbar abweichendes Alter könnte sein, dass sie das Ergebnis von Sternkollisionen sind. Dies würde allerdings voraussetzen, dass der so entstandene Stern seine Rotation effizient abbremst, ohne dabei zu viel Masse zu verlieren. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Astrophysik haben nun mit Hilfe aufwendiger 3D-Simulationen gezeigt, dass die Energie des Magnetfelds bei der Kollision von Sternen stark zunimmt, was einen effizienten Mechanismus zur Abbremsung der Rotation darstellen könnte.
Sternhaufen enthalten Hunderttausende von Sternen, die etwa zur gleichen Zeit und aus der gleichen Molekülwolke entstanden sind. Sie bieten den Astronomen daher ein hervorragendes Labor, um zu untersuchen, wie sich Sterne ähnlichen Alters, ähnlicher Zusammensetzung und ähnlicher Masse im Laufe der Zeit entwickeln. Eine besondere Untergruppe, die „blauen Nachzügler“ (engl.; Blue Stragglers), stellt jedoch eine Herausforderung dar: Sie erscheinen blauer und heller als die anderen Mitglieder des Sternhaufens und damit jünger. Warum altern sie nicht wie typische Sternhaufensterne?

Die Antwort könnte sein, dass sie tatsächlich später als die anderen Sterne durch Kollisionen entstanden sind und dadurch an Masse gewonnen haben. Da aber die meisten Kollisionen zwischen zwei massearmen Sternen nicht genau frontal, sondern versetzt stattfinden, würde der entstehende massereiche Stern schnell rotieren. Dabei verliert er den größten Teil seiner Masse, während sich die Rotation bis zu einem stabilen Zustand verlangsamt - es sei denn, die Verlangsamung ist effizient. Obwohl viele der vorgeschlagenen Bremsmechanismen Magnetfelder voraussetzen, war mehr als zwei Jahrzehnte lang unklar, ob solche Magnetfelder tatsächlich existieren und ob sie stark genug sind, um eine entscheidende Rolle zu spielen.
Ein Team des Max-Planck-Instituts für Astrophysik (MPA) hat nun ausgeklügelte 3D-Magnetohydrodynamik-Simulationen mit beweglichen Gittern von Kollisionen zwischen massearmen Hauptreihensternen durchgeführt und gezeigt, dass die Magnetfeldenergie bei diesen Kollisionen um den Faktor 10 Milliarden verstärkt wird. Im Kern des neu entstandenen Sterns kann das Magnetfeld bis zu 100 Millionen Gauß erreichen (zum Vergleich: das Magnetfeld in Sonnenflecken erreicht bis zu 5000 Gauß).
„Unsere Simulationen haben gezeigt, dass das Magnetfeld bei Stern-Kollisionen verstärkt werden kann, was ein vielversprechendes Anzeichen für einen effektiven Mechanismus zur Abbremsung der Rotation ist“, sagt Taeho Ryu, Postdoktorand am MPA und Leiter der Studie. "Diese Verstärkung ist unabhängig von den Kollisionsparametern und könnte daher bei jeder Kollision zweier Sterne in einem Sternhaufen auftreten."
Die Simulationen zeigen auch eine abgeflachte, rotierende Gasstruktur um die Kollision, was auf die Bildung einer Scheibe hindeuten könnte. Magnetisches Bremsen und ein Effekt namens "Disk-Locking" könnten die Abbremsung weiter unterstützen. „Unser nächster Schritt wird sein, die langfristige Entwicklung nach der Kollision genau zu beobachten, um zu sehen, wie sich diese Sterne über Millionen oder Milliarden von Jahren entwickeln und ob sie wirklich zu den blauen Nachzüglern werden, die wir beobachten“, fügt Ryu hinzu.