Schnelle Radioblitze von Magnetaren
Über den Ursprung der mysteriösen schnellen Radioblitze (engl.: Fast Radio Bursts oder FRBs) wird seit ihrer Entdeckung im Jahr 2007 debattiert. Eine Theorie, die an der Columbia University und am MPA entwickelt wurde, legt nahe, dass FRBs durch Druckwellen von aufflackernden Magnetaren – Neutronensternen mit ultrastarken Magnetfeldern – ausgelöst werden. Am 28. April 2020 wurde ein FRB von SGR 1935+2154, einem bekannten Magnetar in unserer Galaxie, entdeckt. Ein neues numerisches Experiment zeigt, wie sich Störungen in einem Magnetar ausbreiten und schließlich zu einer magnetischen Explosion – und einem Radioausbruch wie bei dem jetzt beobachteten – führen können.
Schnelle Radioausbrüche (FRBs) dauern nur wenige Millisekunden, aber ihre extreme Helligkeit macht sie über kosmologische Entfernungen sichtbar. Seit 2016, nachdem der erste FRB lokalisiert werden konnte, haben die Astronomen für mehrere FRB-Quellen Wirtsgalaxien identifiziert. Es zeigte sich, dass einige Quellen immer wieder aufflackern und manchmal Hunderte von Ausbrüchen erzeugen. Ein solcher „Wiederholer“ (FRB180916.J0158+65) zeigt eine Periode von 16 Tagen bei seiner Aktivität.
Was könnte diese Ausbrüche erzeugen? Die kurze Dauer von FRBs deutet auf eine kompakte Quelle hin, und Neutronensterne schienen geeignete Kandidaten zu sein; es erwies sich jedoch als schwierig, einen konkreten Emissionsmechanismus zu identifizieren. Eine Hypothese: die Ausbrüche stammen von Magnetaren. In unserer Galaxie sind etwa 30 solcher Objekte mit einem Alter von Tausenden von Jahren bekannt. Das Markenzeichen der Magnetare sind ihre starken Röntgenausbrüche – ein Radioausbruch wurde bis zum Jahr 2020 jedoch bei keinem von ihnen beobachtet.
Die an der Columbia University und am MPA entwickelte Theorie legt nahe, dass in weit entfernten Galaxien jüngere, hyperaktive Magnetare existieren. Sie flackern häufig auf und senden relativistische Druckwellen in den beständigen Wind des Neutronensterns. Diese Druckwellen sind in der Lage, durch eine Maser-artige Instabilität kohärente Radioemission zu erzeugen. Die Instabilität entsteht an der Schockfront der Explosion und erzeugt GHz-Strahlung, wenn sich der Schock über 1 AE hinaus ausbreitet.
Ein direkter Test für das Magnetarmodell ist der Nachweis eines Radioblitzes von einem bekannten Magnetar. Dies geschah am 28. April 2020, als ein Mega-Jansky-Radioimpuls mit einer Dauer von wenigen Millisekunden von SGR 1935+2154, einem Magnetar in der Milchstraße, detektiert wurde. Zwei Radioteleskope, das kanadische CHIME und das STARE2 bei Caltech, entdeckten den Ausbruch. Die Datenanalyse ergab zwei FRBs im Abstand von etwa 30 Millisekunden, die beide während eines 0,5-Sekunden-Röntgenausbruchs emittiert wurden. Die beiden Radiobursts fielen ziemlich genau mit zwei schmalen, hellen Spitzen in der Röntgenemission zusammen.
Durch diese Entdeckung wurde die Verbindung von FRBs und Magnetaren nachgewiesen und gleichzeitig eine neue Frage aufgeworfen. Die FRBs von SGR 1935+2154 sind inhärent schwächer als die zuvor entdeckten kosmologischen FRBs. Astronomen dachten zunächst, dass solch relativ energiearmen Ereignisse nicht in der Lage seien, eine magnetische Explosion auszulösen. Werden die schwachen und starken FRBs also durch den gleichen Mechanismus erzeugt?
Eine Antwort darauf gibt ein neues numerisches Experiment, das in Zusammenarbeit mit dem Flatiron-Institut in New York durchgeführt wurde. Die Simulation folgte der Reaktion der Neutronenstern-Magnetosphäre auf eine energiearme Störung, die durch ein Beben des Magnetars erzeugt wurde. Sie zeigt, dass sich die Störung durch die Magnetosphäre nach außen ausbreitet, in ihrer Amplitude zunimmt und bei etwa hundert Sternradien erfolgreich eine magnetische Explosion auslöst. Das Ergebnis deutet darauf hin, dass dieser Emissionsmechanismus über einen breiten Bereich von FRB-Leuchtstärken funktionieren kann, von den schwachen Ausbrüchen wie SGR 1935+2154 bis zu den hellsten kosmologischen FRBs.
Hyperaktive Magnetare – die vermeintlichen kosmologischen FRB-Repeater – sind ziemlich extreme Objekte. Ihre Innentemperaturen liegen bei etwa einer Milliarde Grad, und ihre Kerne sind wahrscheinlich nicht-superfluid (im Gegensatz zu normalen Neutronensternen). Ihre Formen sind leicht nicht-sphärisch, da sie durch die ultrastarken Magnetfelder deformiert werden. Dies führt zu einem interessanten Beobachtungseffekt: Der hyperaktive Magnetar kann mit einer Periode von Wochen bis Monaten freie Präzession entwickeln. Dies stimmt mit der in FRB180916.J0158+65 beobachteten Periode von 16 Tagen überein.