Vorläufer für Tychos Supernova war nicht heiß und leuchtkräftig

25. September 2017
Ein internationales Team von Wissenschaftlern der Monash University (Melbourne, Australien), der Towson und Pittsburgh Universities (USA) sowie des Max-Planck-Instituts für Astrophysik hat die Ursprünge der berühmten Tycho-Supernova neu beleuchtet. Die in Nature Astronomy publizierte Forschung widerlegt die gängige Meinung, dass Tychos Supernova von einem Weißen Zwerg stammte, der langsam Material von einem Begleiter in einem Doppelsternsystem akkretierte.  

Supernovae des Typs Ia (SNe Ia) dienen Beobachtern als Standardkerzen in der modernen Kosmologie; sie spielen außerdem eine wichtige Rolle in der chemischen Evolution der Galaxien. Der Ursprung dieser gigantischen kosmischen Explosionen ist jedoch nach wie vor unklar. Obwohl es einen nahezu universellen Konsens gibt, dass SNe Ia das Ergebnis der thermonuklearen Zerstörung eines weißen Zwergs aus Kohlenstoff und Sauerstoff sind, der die Chandrasekhar-Massengrenze erreicht (etwa das 1,4-fache der Masse unserer Sonne), ist die genaue Natur ihrer Vorläufer noch unbekannt. So könnte der weiße Zwerg nach und nach Materie von einem Begleitstern anhäufen und damit die sogenannte Chandrasekhar-Massengrenze erreichen, an der die nukleare Kettenreaktion einsetzte; oder die nukleare Explosion könnte durch die Verschmelzung zweier weißer Zwerge in einem kompakten Doppelsternsystem ausgelöst werden. Diese beiden Szenarien unterscheiden sich drastisch in der Menge der elektromagnetischen Strahlung, die vom Vorläufer im Laufe von Millionen Jahren vor der Explosion abgestrahlt wird.

Ein Weißer Zwerg, der Material von einem Begleiter akkretiert, wird zu einer Quelle massenhafter Röntgen- und extremer UV-Photonen - das kanonische Akkretionsszenario impliziert einen heißen und leuchtkräftigen Vorläufer, der das umgebende Gas in einem Radius von ~10-100 Parsec (bis zu etwa 300 Lichtjahren), der sogenannten Strömgren-Sphäre, komplett ionisieren würde. Nach der Zerstörung des Weißen Zwergs bei der Supernova-Explosion verschwindet auch die Quelle der ionisierenden Strahlung. Allerdings dauert es sehr lange, bis das interstellare Gas rekombiniert und wieder neutral wird – noch etwa 100.000 Jahre nach der Explosion gibt es einen ionisierten Nebel rund um die Supernova herum. So kann der Nachweis auch kleiner Mengen neutralen Gases in der Nähe einer Supernova den Wissenschaftlern helfen, die Temperatur und Leuchtkraft des Vorläufers eng einzuschränken.

Vor 445 Jahren beobachtete Tycho Brahe eine Stella nova (einen "neuen Stern") am Nachthimmel. Beim ersten Auftauchen noch heller als die Venus, verblasste sie im folgenden Jahr. Heute wissen wir, dass Tycho eine nukleare Zerstörung eines weißen Zwerges - eine Supernova vom Typ Ia - beobachtet hatte. Tychos Supernova ist aufgrund ihrer Geschichte und ihrer relativen Nähe zur Erde eines der am besten dokumentierten Beispiele für eine Supernova des Typs Ia.

Insbesondere aus optischen Beobachtungen wissen wir, dass der Supernova-Rest heute in das meist neutrale Gas expandiert. So können die Wissenschaftler, indem sie den Überrest selbst als Sonde seiner Umgebung verwenden, einen heißen, leuchtkräftigen Vorläufer ausschließen, der eine Strömgren-Sphäre produziert hätte, die größer ist als der Radius des Überrestes heute (~3 Parsec). Damit ist sowohl das Szenario endgültig ausgeschlossen, das konstant nuklear brennende weiße Zwerge (Supersoft-Röntgenquellen) voraussetzt, als auch die Emission aus der Scheibe um einen weißen Zwerg mit Chandrasekhar-Masse, der in etwa 100 Millionen Jahren mehr als eine Sonnenmasse ansammelt (wiederkehrende Novae). Das Fehlen einer Strömgren-Sphäre passt zu der Verschmelzung eines Doppelsternsystems aus zwei weißen Zwergen, wobei auch andere, exotischere Szenarien möglich sind.

 

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