Instabilitäten in relativistischen magnetisierten Akkretionsscheiben

1. August 2017
Mit Hilfe dreidimensionaler, allgemein-relativistischer, magneto-hydrodynamischer Simulationen untersuchten Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) dicke Akkretionsscheiben, die um schwarze Löcher kreisen. Sie fanden heraus, dass schwache Magnetfelder die Entwicklung von großräumigen Verdichtungen im Akkretionsfluss unterdrücken können. Einsetzende magnetische Turbulenz verändert die Struktur der Akkretionsscheibe und könnte sogar die Stärke des Gravitationswellensignals, das von einem Akkretions-Torus ohne Magnetfeld erzeugt wird, erheblich reduzieren.

Neutronensterne sind exotische Objekte mit einer Dichte, die die von Atomkernen übersteigt. Wenn zwei Neutronensterne verschmelzen, kann ein noch exotischeres System entstehen, das aus einem schwarzen Loch besteht, welches von eine Torus umgeben ist, d.h. von einer dicken Akkretionsscheibe, die um das zentrale, kompakte Objekt kreist. Dieses System emittiert sehr energiereiche Strahlung, während dem schwarzen Loch Materie zuführt wird. In diesen dicken Akkretionsscheiben treten sehr leicht eine Reihe von Instabilitäten auf, die die Struktur der Scheibe maßgeblich prägen und ihre Eigenschaften bestimmen.

Sind keine Magnetfelder vorhanden, kann die sogenannte "Papaloizou-Pringle Instabilität" (PPI) auftreten, die zum Wachstum von nicht-achsensymmetrischen Störungen in der Scheibe führt. Daraus entwickelt sich schließlich eine charakteristische, planetenartige Dichtestruktur, die das zentrale Objekt umkreist. Jüngst durchgeführte, numerische hydrodynamische Simulationen im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie zeigen, dass sich eine solche Instabilität generisch entwickeln kann, was möglicherweise eine nachweisbare Emission von Gravitationswellen zur Folge hat.

Die Dynamik der Scheibe verändert sich deutlich, wenn Magnetfelder vorhanden sind, weil diese die sogenannte "Magneto-Rotationsinstabilität" (MRI) auslösen. Dieses Phänomen gilt als einer der wichtigsten Mechanismen bei der Akkretion in einer Reihe von astrophysikalischen Systemen, wie aktiven galaktischen Kernen oder Röntgendoppelsternen. Bei diesen Systemen führt die MRI zum Wachstum linearer Störungen auf dynamischen Zeitskalen sowie zu magnetisch bedingter Turbulenz.

Zum ersten Mal untersuchten Astrophysiker am MPA nun systematisch das Zusammenspiel dieser beiden Arten von Instabilitäten in relativistischen Scheiben, die ein schwarzes Loch umkreisen. Die Forscher wollten besser verstehen, wie diese Instabilitäten interagieren und ob eine der beiden Instabilitäten die Entwicklung der Scheibe dominiert. Mit Hilfe von dreidimensionalen, allgemein relativistischen magneto-hydrodynamischen (GRMHD) Simulationen untersuchten sie, wie sich Akkretionstori entwickeln, die von einem rein toroidalen Magnetfeld unterschiedlicher Stärke durchsetzt sind. Dis Stärke des Magnetfelds war dabei in allen Fällen sub-thermisch, d.h. der magnetische Druck betrug 1% bis 10% des thermischen Drucks. Alle Simulationen wurden mit einer hoch parallelisierten Version des "ECHO" -Codes durchgeführt.

Im hydrodynamischen Fall entwickelt sich die PPI ungestört und die Dichteverteilung wird durch eine charakteristische, großräumige, nicht-achsensymmetrische Mode dominiert und zwar über die gesamte Simulation hinweg. Die Einbeziehung von Magnetfeldern löst das Wachstum der MRI aus, die sich zeitlich schneller entwickelt als die PPI. Die im unmagnetisierten Modell vorhandene glatte Strömung wird durch ein turbulentes Plasma ersetzt, in dem kleinskalige Strukturen erzeugt werden und es keinen eindeutigen Hinweis mehr auf eine planetartige Struktur um das Schwarze Loch gibt (siehe Abb. 1).

Die zeitlich gemittelten Dichtespektren (Abb. 2) zeigen den Unterschied in der Skalenverteilung der resultierenden Turbulenz: In hydrodynamischen Scheiben zeigt sich ein dominantes Maximum bei den größten Skalen, das bei allen magnetisierten Modellen verschwindet. Die MHD-Turbulenz ist durch eine große Bandbreite an Skalen charakterisiert, was zu flacheren Spektren führt. Die Form der Spektren für verschiedene Stärken der Magnetisierung zeigt keine wesentlichen Unterschiede.

Die Simulationen zeigen, dass sich auch der Zeitrahmen ändert. Wenn die Scheibe von einem Magnetfeld durchzogen ist, führt die MRI zu einem schnelleren Beginn der Akkretion auf das zentrale Schwarze Loch. In diesem Fall geschieht der Abtransport des Drehimpulses hin zu den äußeren Teilen der Scheibe auf einer kürzeren Zeitskala als im hydrodynamischen Fall.

In allen magnetisierten Modellen scheint die PPI durch die Wirkung der MRI stark unterdrückt zu sein. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die MRI schnell die örtlichen Gegebenheiten in der Scheibe ändert, indem sie den Drehimpuls nach außen transportiert und eine turbulente Umgebung aufbaut, mit ungünstigen Bedingungen für die Entwicklung einer PPI.  Wenn jedoch die MHD-Turbulenz numerisch nicht gut aufgelöst wird (und damit das Magnetfeld diffuser wird), scheint die Unterdrückung der PPI weniger wirksam zu sein. Dieses Verhalten wird nur bei gering magnetisierten Scheiben beobachtet, da Modelle mit einer höheren Magnetisierung eine größere charakteristische Wellenlänge der MRI aufweisen und weniger Gitterpunkte erforderlich sind, um diese korrekt aufzulösen.

Die Erkenntnisse aus den Simulationen deuten somit darauf hin, dass die PPI in Gegenwart dissipativer Effekte - seien sie aufgrund numerischer Einschränkungen oder physikalischer Phänomene - immer noch zu einer signifikante, großskaligen Turbulenz führen kann. Der nächste Schritt in dieser Studie wird sich daher darauf konzentrieren, die Rolle einer turbulenten magnetischen Diffusivität auf die Entwicklung der Scheibe zu untersuchen.

Zukünftige Arbeiten könnten außerdem auch die Eigenschwerkraft der Scheibe berücksichtigen. Nichtlineare Wechselwirkungen zwischen dem zentralen Schwarzen Loch und dem Torus können zusätzliche PPI-Moden anregen und damit das Wachstum von nicht-achsensymmetrischen Strukturen in der Scheibe verstärken. Diese würden das vom System emittierte Gravitationswellensignal direkt beeinflussen. 

 

Hinweis: Die Parallelisierung des "ECHO"-Codes wurde von Matteo Bugli (MPA) in Zusammenarbeit mit Fabio Baruffa (Leibniz-Rechenzentrum) und Markus Rampp (Max-Planck-Computing und Data Facility) vorgenommen.

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