Wo sind die ganzen Nebel, die von superweichen Röntgenquellen ionisiert wurden?

1. Februar 2016

Das Schicksal massearmer Sterne, wie unserer Sonne, ist es, ihr brennbares Material im Kern aufzubrauchen, ihre Hüllen abzustoßen und gleichzeitig einen heißen Kern, einen sogenannten Weißen Zwerg, zurückzulassen. Auf sich allein gestellt, kühlen diese Objekte langsam über Milliarden von Jahren hinweg, ab. Akkretiert ein Weißer Zwerg jedoch Material von einem stellaren Begleiter, so kann er zu einer unglaublich hellen Quelle für extreme UV- und weiche Röntgenstrahlung, einer "superweichen Röntgenquelle" (aus dem Englischen: SSS), werden. Die Strahlung einer solchen SSS wird ohne weiteres durch jegliches umgebendes interstellares Gas absorbiert, wodurch Emissionslinien-Nebel entstehen. Man würde daher erwarten, dass alle superweichen Röntgenquellen mit einem derartigen Nebel einhergehen. Allerdings wurde bei allen, in den letzten drei Jahrzehnten beobachten SSS, nur eine Quelle mit einem solchen Nebel gefunden. Offensichtlich gibt es Defizite im Verständnis dieser unglaublichen Objekte. Wissenschaftler am MPA und am Monash-Zentrum für Astrophysik haben nun das Puzzle zusammengesetzt.

Unter den richtigen Bedingungen kann ein Weißer Zwerg, der wasserstoffreiches Material von einem Doppelsternbegleiter akkretiert, dieses Material durch nukleares Brennen an seiner Oberfläche verarbeiten, und dabei eine Leuchtkraft und Temperatur tausende Mal höher als unsere Sonne erreichen (10^38 erg/s und 10^5K-10^6K). Diese engen Doppelsterne, die superweiche Röntgenstrahlen aussenden, wurden zuerst vor mehr als 30 Jahren vom Einstein-Observatorium der NASA entdeckt und wurden bald zu den favorisierten Kandidaten für die Vorläuferysteme von Typ-Ia-Supernovae: wenn Weiße Zwerge Material akkretieren, können sie wachsen bis sie die Chandrasekhar-Massengrenze erreichen und explodieren. Der Versuch diese Hypothese zu beweisen, in dem man die Zahl derartiger Objekte bestimmt, wird allerdings durch die große Leichtigkeit erschwert, mit der die emittierten extremen UV- und weichen Röntgenphotonen vollständig durch selbst geringe Mengen an dazwischen liegender interstellarer Materie absorbiert werden.

Ein alternativer Ansatz besteht nun darin, diese Absorption zu nutzen und nach Nebelemissionslinien in der interstellaren Materie zu suchen, die durch diese heißen Leuchtquellen ionisiert wird [1,2]. Schmalbandigen Beobachtungen in der Umgebung derartiger superweicher Röntgenquellen in den Magellanschen Wolken zeigten allerdings nur einen einzigen derartigen Nebel [3]. Dies führte zu der ärgerlichen Frage: ist unser Verständnis dieser Quellen falsch? Gibt es etwas Besonderes an der interstellaren Umgebung der Quelle CAL 83, an der der Nebel gefunden wurde? Dieses Dilemma sorgte dafür, dass Arbeiten zu Emissionslinien in der Umgebung superweicher Röntgenquellen für zwei Jahrzehnte weitgehend auf Eis gelegt wurden.

In ihren jüngsten Arbeiten [4], zeigen Tyrone Woods (früher am MPA, heute wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Monash-Zentrum für Astrophysik) und Marat Gilfanov (MPA) nun, dass der Gasnebel um CAL 83 mindestens um das Zehnfache dichter ist, als in den meisten typischen sternbildenden Galaxien. Die hohe Oberflächenhelligkeit des Nebels um CAL 83 scheint somit das Ergebnis eines zufälligen Zusammentreffens eines akkretierenden Weißen Zwergs mit einer Region zunächst kalter, dichter interstellarer Materie zu sein. Eine zusätzliche Analyse der Größe und Verteilung der kalten dichten Wolken in Galaxien (mit Hilfe mathematischer Methoden aus Studien von Zementporosität) bekräftigt diese Interpretation.

Die meisten superweichen Röntgenquellen dürften in Regionen mit viel niedriger Dichte liegen. Diese entsprechen geringer Flächenhelligkeit der Nebel, die sich zu größeren Radien erstrecken (~ 10 bis 100 Parsec im Vergleich zu nur xxx Parsec für CAL 83). Auch wenn solche Nebel in der Vergangenheit unterhalb der Nachweisgrenze lagen, können sie heute mit verhältnismäßig kurzen Integrationszeiten und großen modernen Teleskopen wie Magellan oder dem VLT (siehe Abb. 2) beobachtet werden.

Dies öffnet nun nicht nur erneut die Möglichkeit, enge Doppelsuperröntgenquellen zu untersuchen; da die Abklingzeit für jeden SSS-Nebel in der Größenordnung von zehntausend bis hunderttausend Jahren liegt, kann man auch "fossile" Nebel rund um Quellen suchen, die längst aufgehört haben zu akkretieren. Insbesondere auch jene, die in der jüngsten Vergangenheit als Typ Ia Supernovae explodierten und sich in unserer kosmischen Nachbarschaft befinden. Für diese Objekte wäre man in der Lage, die umliegenden Nebel und den inneren Supernovaüberrest getrennt aufzulösen. Eine tiefe, schmalbandigen Durchmusterung mit dem Magellan-Baade-Teleskop ist bereits im Gange, so dass man bald die Temperaturen und Helligkeiten der Vorläufer von nahen Typ Ia Supernova-Überresten messen (oder eng begrenzen) kann.

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