Dynamo-Verstärkung und magnetisch bedingte Ausflüsse in Galaxien ähnlich unserer Milchstraße

Abbildung 1: Diese Ansicht zeigt eine numerische Simulation, in der das Magnetfeld mit jeder Supernova in das Umgebungsmedium abgegeben wird. Die obere und untere Reihe zeigen jeweils eine Aufsicht und eine Seitenansicht der Galaxie. Die erste und dritte Spalte zeigen dabei die Gasdichte nach 2 Milliarden Jahren beziehungsweise 3 Milliarden Jahren. Die zweite und vierte Spalte zeigen das Magnetfeld zur gleichen Zeit. Nach 2 Milliarden Jahren dominiert der thermische Druck in der galaktischen Scheibe und es ist nicht möglich, magnetische Winde zu erzeugen. Das ändert sich nach 3 Milliarden Jahren. Hier ist der magnetische Druck 10-mal stärker als der thermische Druck und magnetische Winde sind möglich.
Magnetfelder können viele physikalische Effekte beeinflussen, die eine wichtige Rolle in der Entstehung und der Entwicklung von Galaxien spielen können. Trotzdem sind die genauen Auswirkungen der Magnetfelder auf den Entstehungsprozess von Galaxien nicht bis ins letzte Detail verstanden. In Galaxien mit einer Gesamtmasse von mehr als 10 Milliarden Sonnenmassen können Magnetfelder sehr schnell aus kleinen, primordialen Feldern verstärkt werden bis sie schließlich Werte von mehreren µG erreichen. In diesem Szenario spielen drei wichtige Verstärkungsprozesse eine Rolle: Adiabatische Kompression der Magnetfeldlinien, der sogenannte α-ω-Dynamo und der kleinskalige turbulente Dynamo. Sobald die Magnetfelder durch einen dieser Prozesse verstärkt wurden und der magnetische Druck in der Scheibe höher ist als der thermische Druck können galaktische Winde entstehen.
Die Verstärkung durch adiabatische Kompression ist ein Effekt der idealen Magnetohydrodynamik (MHD). In Galaxien sammelt sich das Gas im Zentrum eines Halos aus dunkler Materie, wodurch sich das Gas und damit die Feldlinien der Magnetfelder verdichten, was wiederum zu höheren Magnetfeldstärken führt. In diesem Fall korreliert die Magnetfeldstärke mit der Gasdichte über eine einfache Beziehung (B ~ ρ2/3). Der α-ω-Dynamo kann Magnetfelder sowohl im linearen als auch im nicht-linearen Regime verstärken und setzt sich zusammen aus dem α-Effekt (heiße Gasblasen, die im interstellaren Medium aufsteigen) und dem ω-Effekt (großskalige Rotation der galaktischen Scheibe). Der kleinskalige turbulente Dynamo kann ebenfalls zu linearer und nicht linearer Verstärkung führen. Die Verstärkung ist in diesem Fall allerdings auf die durch Supernovae induzierte Turbulenz im interstellaren Medium (ISM) zurückzuführen. Der kleinskalige turbulente Dynamo ist dem α-ω-Dynamo sehr ähnlich hat aber eine andere physikalische Ursache (Turbulenz). Die Effekte können klar aufgrund ihrer unterschiedlichen Energieverteilungen identifiziert werden. Wenn beide Effekte aktiv sind spricht man deshalb auch von einem α2-ω-Dynamo.

Abbildung 2: Bi-konischer Wind, kurz nach seinem Einsetzen bei 2.4 Milliarden Jahren. Der Ausfluss hat in beiden untersuchten Magnetfeld-Modellen dieselbe Struktur. Der Wind wird durch den magnetischen Druck, der sich im Zentrum der Galaxie durch die Verstärkung des Magnetfeldes durch die diskutierten Dynamo-Prozesse aufbaut, angetrieben. Dabei ähnelt die Morphologie des Windes mehr einem Wind der durch einen aktiven galaktischen Kern (AGN) getrieben wird als Winden, die von stellarem Feedback angetrieben werden. Die Magnetfeld-Stärken des Windes sind gut vergleichbar mit den beobachteten Magnetfeld-Stärken in den ‚Fermi-Bubbles‘ die sich weit in das CGM der Milchstraße erstrecken.
Das Forscherteam der Garchinger Max Planck Institute, der Universitäts-Sternwarte in München und der Universität in Konstanz hat hochaufgelöste Simulationen von Milchstraßen-ähnlichen Galaxien durchgeführt, um die diversen Verstärkungsprozesse genauer zu untersuchen und die daraus resultierenden magnetischen Winde im Detail zu erklären. Die Wissenschaftler haben dafür ein neues galaktische Model entwickelt, dass die Umgebung der Galaxie in Form eines Halos aus heißem Gas berücksichtigt, in dessen Zentrum die galaktische Scheibe in ihrem Halo aus dunkler Materie eingebettet ist. Dies führt zu einer realistischen Darstellung der Galaxie inklusive der Akkretion von Gas aus dem Umgebungsmedium. Die Simulationen wurden mit dem Tree-Smooth-Particle-Magneto-Hydrodynamics-(SPMHD)-code Gadget-3 ausgeführt.
Darüber hinaus haben die Forscher unterschiedliche Modelle für das Magnetfeld untersucht. Das Standardmodel ist das sogenannte ‚Supernova-seeding‘-Modell, bei dem die Magnetfelder in Sternen entstehen und durch Supernova-Explosionen an das ISM in einer Dipolform zurückgegeben werden. Der alternative Ansatz setzt ein kleines Startmagnetfeld voraus, dass vor der Inflationsphase des Universums entstanden ist und während dieser Phase verstärkt wurde.
Die Forscher finden in ihren Simulationen senkrecht zur galaktischen Scheibe einen magnetischen Wind, der sich in beide Richtungen ausbreitet und die Sternentstehungsrate drastisch reduziert. Am Ende der Simulation (4 Gyr) hat sich die Sternentstehungsrate halbiert im Vergleich zu einer Referenz-Simulation ohne Magnetfelder. Die totale Masse der Scheibe hat sich dabei um ein paar Prozent reduziert, da die Winde Gas mit einer Masse von 0.2 bis 1.0 Sonnenmassen pro Jahr aus der galaktischen Scheibe abtransportieren. Die Unterschiede zwischen den beiden Magnetfeld-Modellen sind dabei marginal und führen zu Sättigungswerten des galaktischen Magnetfelds mit ein paar µG. Die Morphologie der Galaxie ist in Abb. 1 dargestellt. Die Struktur des Windes ist in Abb. 2 zu sehen.

Abbildung 3: Median der Magnetfeldstärke für eine Simulation in der das Magnetfeld durch Supernovae an das ISM gekoppelt wurde (rote Linie). Die dunkelgrau schattierten Bereiche zeigen die 1-Sigma Abweichung und die hellgrau schattierten Bereiche die 2-Sigma Abweichung vom Median. Die orange Linie zeigt eine Relation aus der idealen MHD, bei der die Verstärkung durch adiabatische Kompression der Magnetfeldlinien entsteht. Die höchsten Werte des Magnetfeldes korrelieren mit den höchsten Gasdichten.
Im Zentrum wird die Verstärkung des Magnetfeldes durch adiabatische Kompression und kleinskalige Turbulenz gemeinsam angetrieben. In den Spiralarmen ist das Magnetfeld kleiner und wird hauptsächlich durch adiabatische Kompression verstärkt. Das Magnetfeld ist in den Regionen zwischen den Spiralarmen, in denen das Gas weniger dicht ist, größer als allein durch adiabatische Kompression erklärt werden könnte. In diesen Bereichen ist die Turbulenz effektiver und der Beitrag des kleinskaligen turbulenten Dynamos größer. In den Außenbereichen der Galaxie kann man keine klare Aussage treffen, welcher der drei Prozesse dominiert.
Obwohl der Verstärkungsprozess des Magnetfeldes kompliziert ist, konnte das Forscherteam zeigen, dass diese Verstärkung anfangs durch einen α2-ω-Dynamo passiert, der am Ende der Simulation zu einem gewöhnlichen α-ω-Dynamo reduziert wird, wenn der kleinskalige turbulente Dynamo durch starke Magnetfelder unterdrückt wird. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, in welchen Bereichen der Galaxie die Verstärkung des Magnetfeldes durch adiabatische Kompression unterstützt wird (Abb. 3).
Dem Forscherteam ist es erstmals gelungen die Voraussagen der Dynamo-Theory mit Beobachtungen der Magnetfelder nahe gelegener Galaxien in Einklang zu bringen. Die Simulation ist in Übereinstimmung mit den beobachteten Feldstärken in diesen Galaxien und zeigt morphologische Strukturen des ISM die bisher in anderen Simulationen im Verborgenen geblieben sind.