Starburst-Zyklen in Galaxien
Einerseits weiß man, dass Galaxien sich in Halos aus Dunkler Materie befinden; andererseits widersprechen sich kosmologische Simulationen und Beobachtungen bezüglich der detaillierten Verteilung dieser Dunklen Materie: das sogenannte "cuspy halo"-Problem. Astrophysiker am MPA haben nun spektrale Merkmale bei einer Vielzahl an Galaxien der SDSS-Himmelsdurchmusterung verwendet, um zu zeigen, dass starke Sternexplosionen in Galaxien geringer Masse häufig genug auftreten, um das innere Massenprofil der Galaxien zu glätten. Dies könnte erklären, warum die theoretisch vorhergesagten "Spitzen" nicht beobachtet werden.
Kosmologische Simulationen zur Entwicklung der kalten Dunklen Materie (CDM) zeigen, dass die Dunkle Materie in Galaxienhalos eine Verteilung mit recht konzentrierten Spitzen (engl. "cusps") bildet - mit Massenprofilen, die im Vergleich mit den Beobachtungen im Innern der Galaxien zu steil sind. Dies wird allgemein als "cuspy halo"-Problem bezeichnet. Eine Lösung für dieses Problem, die schon früh vorgeschlagen wurde, ist, dass eine Galaxie Masse in Form von Explosionen verlieren kann, was zu einer irreversiblen Expansion der Umlaufbahnen der Sterne und der Dunklen Materie im Zentrum des Halos führt. Die sehr dichten Spitzen würden dann über eine größere Fläche verteilt werden. Diese Schlussfolgerungen beruhen jedoch auf einfachen analytischen Argumenten; es ist nicht klar, ob dieser Mechanismus tatsächlich zentrale Dichteprofile in enger Übereinstimmung mit den Beobachtungen produzieren könnte. Spätere gasdynamische Simulationen von Zwerggalaxien zeigten in der Tat, dass der Gasabfluss durch wiederholte Phasen intensiver Sternentstehung (engl. "bursts") im Prinzip genug Energie transferieren könnte, um die "spitzen" zentralen Dunkle Materie Profile zu glätten.
Dennoch blieb unklar, ob der Energiebedarf, der zum Abflachen der Profile nötig ist, im Einklang mit den tatsächlichen Sternpopulationen und Sternentstehungsgeschichten von realen Galaxien geringer Masse ist. Um abzuschätzen, wie häufig Starbursts auftreten sowie den Amplitudenbereich bei der Sternentstehung während eines Bursts, muss man eine große Stichprobe von intrinsisch ähnlichen Galaxien analysieren.
Hochwertige Spektren bieten eine Reihe von Merkmalen, die äußerst nützlich sind für die Diagnose der Sternentstehungsgeschichte einer Galaxie. Ein besonders wichtiges Merkmal ist die "Kante" bei 4000 Angström, die aufgrund der Absorption von hochenergetischer Strahlung durch Metalle in Sternatmosphären entsteht. Diese Kante wird dann deutlich, wenn junge, heiße, blaue Sterne sich von der Hauptreihe weg entwickelt haben. Darüber hinaus liefern die Absorptionslinien der Balmer-Reihe, die für Sterne vom Spektraltyp A-F am stärksten sind, eine Diagnose wie stark Sterne mittleren Alters zur Gesamtleuchtkraft der Galaxie beitragen. Und schließlich entstehen Balmer-Emissionslinien in großen Wolken aus Gas geringer Dichte, wo neu gebildete Sterne große Mengen von UV-Licht emittieren, das das umgebende Gas (hauptsächlich Wasserstoff) ionisiert.
Verwendet man diese spektralen Eigenschaften nun gemeinsam so stellte Kauffmann (2014) fest, dass man Galaxien in drei Gruppen trennen kann: diejenigen, die derzeit einen "Burst" von Sternentstehung durchlaufen, diejenigen, die ihre Sterne kontinuierlich gebildet haben, und diejenigen, bei denen es in der Vergangenheit einen Burst gab (Fig. 1). Angewandt auf eine große Stichprobe von Galaxien im Sloan Digital Sky Survey, konnten die Wissenschaftler bestimmen, welcher Anteil der Galaxien aktuell einen Starburst durchläuft, wie groß in der Regel die Masse der Sterne ist, die während dieses Bursts gebildet werden, sowie die Dauer des Starbursts. Damit konnte überprüft werden, ob die Häufigkeit der Bursts von der Masse der Galaxie abhängt und ob Starbursts mit Veränderungen in der internen Struktur der Galaxien gekoppelt sind.
Die Analyse ergab, dass der Anteil der gesamten Sternentstehungsrate in Galaxien mit anhaltenden Bursts stark mit der Sternmasse zusammenhängt; sie sank von 0,85 für die kleinsten Galaxien auf 0,25 für Galaxien mit Massen ähnlich der der Milchstraße. Auch der Burst-Massenanteil, die durchschnittlichen Zeiten sowie die Burstamplitude und -dauer konnten bestimmt werden. Schlussendlich fanden die Wissenschaftler heraus, dass die zentralen Sterndichten bei Galaxien mit geringer Masse im Vergleich zu ihren ruhigeren Pendants geringer sind.
Diese Ergebnisse stimmen bemerkenswert gut mit Vorhersagen von einigen der neuesten hydrodynamischen Simulationen überein und stärken die Idee, dass das "cuspy halo"-Problem durch die Energiezufuhr aus einer Reihe von Starbursts über die gesamte Lebensdauer der Galaxie hinweg gelöst werden kann.
Guinevere Kauffmann