Spiralen, Wellen und einfach nur Gleiten
Während sie sich in ihrer Arbeit mit massereichen Objekten wie Neutronensternen und Schwarzen Löchern beschäftigt, liebt Martyna Chruslinska in ihrer Freizeit das schwerelose Gleiten auf Inlinern oder beim Eiskunstlaufen.
Womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschung am MPA?
Meine Wissenschaft liegt zwischen den Forschungsbereichen des MPA: Ich verbinde die chemische Entwicklung von Galaxien mit der Entwicklung von Sternen, insbesondere im Zusammenhang mit der Gravitationswellen-Astrophysik. Die damit beobachteten Ereignisse werden in den nächsten Jahren rapide zunehmen, da die Detektoren immer besser werden – und erst recht mit der nächsten Detektorgeneration (Einstein-Teleskop, Cosmic Explorer) in den späten 2030er Jahren.
Derzeit beobachten wir routinemäßig Gravitationswellen von verschmelzenden schwarzen Löchern und Neutronensternen. Diese kompakten Objekte sind Überbleibsel nach dem Leben massereicher Sterne, die sich überall im Universum gebildet haben. Solche Verschmelzungen enthalten Informationen über die Art und Weise, wie sich Sterne und Galaxien bilden, und geben Aufschluss über die stellare Entwicklung in Galaxien, die sich von unserer eigenen sehr unterscheiden können.
Meine Arbeit zeigt, dass die beobachteten Verschmelzungen sogar Aufschluss über die Eigenschaften von Galaxien geben können, die normalerweise bei elektromagnetischen Himmelsdurchmusterungen übersehen werden. Diese Beobachtungen sind schwer zu interpretieren, weil die Unsicherheiten in astrophysikalischen Modellen groß und nicht ausreichend quantifiziert sind. Ich untersuche insbesondere die chemische Entwicklung des Universums und die verschiedenen Umgebungen, in denen sich die Vorläufer der verschmelzenden Sternüberreste bilden, und versuche, ihre Metallizität zu bestimmen, d. h. die Häufigkeit von Elementen, die schwerer als Helium sind.
Warum sind Sie ans MPA gekommen?
Als wir 2015 den historisch ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen aus verschmelzenden Schwarzen Löchern erlebten, untersuchte ich gerade die Entstehung von verschmelzenden Neutronensternen. Bald darauf folgte dann auch das erste Signal aus der Verschmelzung von Neutronensternen. Es war eine sehr spannende Zeit, um an diesem Thema zu arbeiten. Das Gebiet der Gravitationswellen-Astrophysik wuchs schnell, neue Fragen tauchten auf, und meine Karriere entwickelte sich mit ihnen. Mir wurde klar, dass diese Fragen Fachwissen aus verschiedenen Teilbereichen der Astronomie erforderten, und ich wandte mich der Galaxienentwicklung zu. Das MPA ist ein großartiger Ort für mich, weil es hier Experten für all die Themen gibt, die für meine Arbeit wichtig sind.
Warum haben Sie sich überhaupt für die Astronomie entschieden?
Die Wissenschaft hat mich fasziniert, solange ich denken kann. In der Schule hatte ich das Glück, leidenschaftliche und hilfsbereite Physiklehrer zu treffen, die mich zu Fragen ermutigten, die über den normalen Lehrplan hinausgingen. Ich merkte schnell, dass mir der herausfordernde, aber höchst kreative wissenschaftliche Prozess gefiel, bei dem man versucht, an Problemen zu arbeiten, für die es keine vorgefertigte Lösung gibt.
Als Student schwankte ich zwischen Geophysik, Klimaforschung und Astrophysik. Am Ende hat die Astrophysik wegen ihrer besonderen Breite und Interdisziplinarität gewonnen.
Was macht Ihnen Spaß an der Arbeit am MPA?
Jetzt, wo die Einschränkungen aufgrund der Pandemie vorbei sind, kann man endlich sehen, wie lebendig der Campus wirklich ist – es ist immer etwas los. Am MPA genieße ich den wissenschaftlichen Austausch und die Nähe zu den anderen astronomischen Instituten. Es ist toll, in einem sehr internationalen Umfeld zu arbeiten – am MPA kann ich Menschen aus der ganzen Welt treffen.
Das Beste an München ist die Natur, die die Stadt umgibt, und natürlich die Nähe zu den Alpen. Es ist kein Wunder, dass Klettern hier sehr beliebt ist und ich werde die Münchner Boulderhallen vermissen, wenn ich wegziehe.
Wie verbringen Sie Ihre Zeit außerhalb des Instituts am liebsten?
Meine größte Leidenschaft – die ich erst als Erwachsene entdeckt habe – ist das Eiskunstlaufen, nicht nur das traditionelle auf Eis sondern auch im Sommer auf Inline-Skates. Ich genieße besonders die künstlerischen und ästhetischen Aspekte dieses Sports. Es gibt nichts Besseres als das Gefühl, an einem frostigen Morgen im Einklang mit der Musik über glattes Eis zu gleiten.