Numerische Astrophysik
In der Astrophysik befindet man sich in der außergewöhnlichen Situation, dass die Gegenstände des Interesses (Sterne, Galaxien, etc.) nicht irgendeiner Art von Manipulation zugänglich sind. Es können keine Experimente durchgeführt werden, und Beobachtungen eines besonderen, einmaligen Ereignisses können nicht wiederholt werden. Die Situation ist noch komplizierter, da (i) die physikalischen Prozesse, die zu dem astrophysikalischen Phänomen führen, sich tief im beobachteten Objekt abspielen können und so nur einen indirekten Beweis für diese Prozesse liefern, (ii) die Prozesse mit extremen Bedingungen einhergehen können, die im Labor experimentell nicht herbeigeführt werden können, und (iii) die Prozesse, die man zu verstehen versucht, sich häufig in sehr langen Zeitspannen abspielen, verglichen mit der Zeitspanne eines Menschenlebens, d.h. man muss sich mit einer Momentaufnahme des Phänomens begnügen.
Um fortzufahren, wird ein theoretisches Modell konstruiert, von dem man glaubt, dass es alle für das astrophysikalische Phänomen wichtigen physikalischen Prozesse miteinbezieht. Das Modell, wenn es überhaupt von Wert ist, sollte einige eindeutige Vorhersagen über die Eigenschaften oder das Verhalten des Objekts oder des Phänomens liefern. Dieser Prozess benötigt eine Simulation, da ausgeklügelte Modelle häufig aus einer Reihe nonlinearer, evolutionärer Gleichung bestehen. Wenn die Materie der astrophysikalischen Objekte als Gas oder Flüssigkeit angenähert werden kann, was oft der Fall ist, ist ihre Entwicklung von einer Anzahl an Erhaltungsgesetzen für Masse, Dynamik und Energie bestimmt. Diese hydrodynamischen Gleichungen bilden eine Reihe von gekoppelten, nichtlinearen, erstmaligen (zeitlich gesehen), partiellen Differenzialgleichungen. Ein Weg diese Reihe von Gleichungen zu lösen ist es, die Gleichungen in Zeit und Raum zu diskretisieren, wobei die partiellen Differenzialgleichungen in eine Reihe gekoppelter, nichtlinearer, algebraischer Gleichungen umgewandelt werden, die von einem Computer mit geeigneten numerischen Verfahren gelöst werden können. Da die Diskretisierung unvermeidbare Fehler mit sich bringt, ist es entscheidend Diskretisierungsschemata anzuwenden, die die Fehlerquote minimal halten.
Von den Erhaltungseigenschaften der zu Grunde liegenden hydrodynamischen Gleichungen geleitet, ist es Mathmatikern und Physikern gelungen, genaue und stabile hochauflösende begrenzte Volumenschemata zu entwickeln. In diesen Schemata wird das Rechengebiet zu einer endlichen Anzahl von Zellen (normalerweise 100 bis 1000 per räumliche Dimension) dekretisiert und die fortlaufenden hydrodynamischen Variablen sind den Durchschnittswerten der Zellen angeglichen. Die Zeit wird auch diskretisiert, die Entwicklung wird einer Reihe von endlichen Zeitstufen angeglichen, normalerweise 1000 bis 100000 per Simulation.
Neben den endlichen Volumenschemata ist in der Astrophysik noch eine weitere, komplett andere Methode weit verbreitet, um die hydrodynamischen Gleichungen zu integrieren. Diese Methode ist die Smoothed Particle Hydrodynamics oder kurz SPH genannt. In SPH wird Flüssigkeit oder Gas von einer endlichen Reihe von "Partikeln" beschrieben, die sich mit der Strömung bewegen.
Weitere Informationen:
Relativististic Hydrodynamics & Numerical Relativity
Yin-Yang grid
Förderungsquellen:
EXC 153: Origin and Structure of the Universe - The Cluster of Excellence for Fundamental Physics