Das kosmische Netz verstehen: Die Evolution kosmischer Filamente in der MillenniumTNG-Simulation
Eine sorgfältige Analyse der Filamente in der großräumigen kosmischen Struktur hat interessante neue Erkenntnisse über die Entwicklung und Komplexität des kosmischen Netzes zutage gefördert. Während einige Filamente – abhängig von ihrer kosmischen Umgebung – eine signifikante Entwicklung aufweisen, bleiben die globalen Eigenschaften der Filamente stabil, was in zukünftigen kosmologischen Studien genutzt werden könnte. Das MPA-Team hat außerdem eine neue Methode entwickelt, die eine strenge Kalibrierung der Filament-Kataloge ermöglicht.
Was sind kosmische Filamente?
In den 1980er Jahren brachten Beobachtungen von Galaxien in Regionen wie dem Perseus-Haufen, dem Coma/A1367-Superhaufen und die Galaxiendurchmusterung des Center for Astrophysics eine faszinierende Entdeckung ans Licht: Das Universum ist als komplexes Netzwerk aufgebaut, das sogenannte kosmische Netz. Diese Struktur besteht aus Knoten, Filamenten, Wänden und riesigen Hohlräumen, die auf komplizierte Weise miteinander verwoben sind. Dunkle Materie und Gas, beeinflusst durch die Anziehungskraft der Gravitation, bilden diese kosmische Architektur; die Galaxien dienen als Markierungen und zeichnen ihre Merkmale nach. Seit seiner Entdeckung wurde das kosmische Netz von zahlreichen Galaxiendurchmusterungen akribisch kartiert, die jeweils einzigartige Einblicke in die Struktur des Kosmos liefern.
Während die dichten Galaxienhaufen oder Knoten gründlich erforscht wurden, wissen wir über die weniger dichten und komplizierteren kosmischen Filamente noch wenig. Ihre schwachen Emissionen erschweren ihre Beobachtung: Die Forschung zeigt, dass die Dichte der dunklen Materie in diesen Filamenten deutlich geringer ist als in den Galaxienhaufen, was ihre Entdeckung in Galaxiendurchmusterungen erschwert.
Trotz dieser Herausforderungen deuten kosmologische Simulationen darauf hin, dass kosmische Filamente über 50 % der Materie des Universums enthalten. Das Verständnis dieser Strukturen ist daher für ein umfassendes Bild des Universums und für die Frage, wie sich Galaxien in diesem großen zusammenhängenden Netz bilden und entwickeln, unerlässlich.
Neue Erkenntnisse aus der MillenniumTNG-Simulation
In der aktuellen Studie nutzt die MPA-Forscherin Daniela Galárraga-Espinosa in Zusammenarbeit mit Kollegen am Institut und international die neue, hochmoderne MillenniumTNG-Simulation, um die komplizierte Struktur des kosmischen Netzes in unterschiedlichen Epochen des Universums zu erforschen. Die hydrodynamischen Berechnungen bei verschiedenen Rotverschiebungen (z = 0, 1, 2, 3 und 4) führten zu akribisch erstellten Katalogen kosmischer Filamente. Dieses Rückgrat des kosmischen Netzes konnte dann im Hinblick auf seine räumliche Entwicklung über die kosmische Zeit sowie auf Längen, Wachstumsraten und radiale Dichteprofile untersucht werden und lieferte so noch nie dagewesene Einblicke in die Entwicklung und Vielfalt dieser kosmischen Strukturen:
1. Globale Eigenschaften der Filamente im Laufe der Zeit: Durch sorgfältige Analyse zeigte die Studie, dass die Längen und Dichteprofile der Filamente über verschiedene kosmische Epochen hinweg bemerkenswert stabil sind. Die globale Population der kosmischen Filamente zeigt nur eine minimale Entwicklung über einen Zeitraum von etwa 12,25 Milliarden Jahren.
2. Einzelne Filamente: Zum ersten Mal konnte die Studie eine große Anzahl von Filamenten über verschiedene Rotverschiebungen hinweg in Verbindung bringen und die Entwicklung einzelner Strukturen über die Zeit verfolgen. Während sich einige Filamente im Laufe der Zeit deutlich verkürzen oder verlängern können, bleiben die globalen Eigenschaften der Filamente erhalten. Das Team plant daher, in der nächsten Studie die wesentlichen Filament-Eigenschaften für kosmologische Analysen zu nutzen.
3. Vielfalt der kosmischen Filamente: Die Studie hebt zudem die Unterschiede zwischen den Filament-Populationen zu einem bestimmten Zeitpunkt hervor. Bei jeder Rotverschiebung sind die längsten Filamente mehr als 100 Megaparsec lang, zwei Größenordnungen länger als die kürzesten. Darüber hinaus weisen diese extrem langen Filamente ausgeprägte Dichteprofile auf. Die Studie ergänzt frühere Forschungen und deutet darauf hin, dass die Umgebung der Filamente für diese Vielfalt verantwortlich sein könnte: Filamente in Regionen mit hoher Dichte kollabieren und verkürzen sich im Laufe der Zeit, während sich die Filamente in der Nähe kosmischer Leerräume ausbreiten, wenn sich das kosmische Netz ausdehnt.
4. Robustere Filament-Kataloge: Das Team entwickelte Methode auf der Grundlage physikalischer Prinzipien, um eine strenge Kalibrierung und Prüfung des identifizierten kosmischen Skeletts zu ermöglichen. Diese Methode wird hoffentlich künftige Untersuchungen zu ähnlich robusten Ansätzen inspirieren und ein einheitlicheres Verständnis von Techniken zur Erkennung kosmischer Filamente in der wissenschaftlichen Gemeinschaft fördern.
Diese Entdeckungen stellen wichtige Fortschritte in unserem Verständnis der großräumigen Struktur des Universums dar und eröffnen neue Wege zur Erforschung der Komplexität des kosmischen Netzes.